Wirtschaft sind WIR ALLE. Eine Wahrheit, mit der wir vor allem in jüngerer Zeit immer massiver konfrontiert werden und die uns einlädt, neues Bewusstsein für eine globale Interdependenz zu entwickeln. Es sind nicht nur die großen Konzerne und deren „Führer“, welche die Fäden ziehen. Nein, in einer Welt, welche einer globalen Energie-, Umwelt- und wachsender Sozialkrise entgegensteuert, wächst die Sensibilität des Einzelnen und somit sein Verantwortungsgefühl im „global village“ (hoffentlich!). Wir sind dazu eingeladen, uns weniger als Opfer, sondern zusehends als Mitgestalter einer globalen Wirtschaft zu verstehen.
Wer steuert wen?
In Zeiten, in denen Informationen in Echtzeit von beinahe jedem weltweit zugänglich werden, sind uns vermehrt die Mittel in die Hände gegeben, hinter den Schleier medialer Berichterstattung zu blicken und wir sollten diese tunlichst nutzen.
Denn Bild-, Radio und Printmedien leben nach wie vor von unseren Ängsten. Ängste, welche (evolutionär gesehen) bis vor nicht allzu langer Zeit noch einen recht realen Hintergrund – so zum Beispiel die durchaus verständliche Furcht des Homo Erectus (lat. „aufgerichtet“) vor dem potentiell lauernden Säbelzahntiger – hatten, betreffen heute vielmehr unsere Selbstbilder. Ging es damals noch ums nackte Überleben, so leben wir heute nicht minder furchtsam, wenn es zum Beispiel um den Verlust von Prestige, Status und sozialer Rolle geht. So gesehen sind wir vielleicht zwar vom Baum herab gestiegen, für viel mehr hat’s aber offensichtlich noch nicht gereicht. Und überall lauert der Feind!
Angst ist aber selten ein guter Ratgeber. Gerade dieser Tage scheint sich wachsendes Misstrauen gegenüber der Weltwirtschaft an polemischen Schlagzeilen zu nähren. Der Tiger ist erneut umtriebig – er scheint wieder auf Beutefang und die Welt erzittert vor der drohenden Rezession.
Die Sinnlosigkeit einer bloßen Eventkultur lechzt nach Sensationen. Das seichte Gemüt von damals ergötzte sich an öffentlichen Hinrichtungen, heutzutage sind es die Schlagzeilen der Tagespresse, welche uns stetig mit Bedrohungen und Feindbildern versorgen. Sie bestätigen unser trügerisches Gefühl von eigener Ohnmacht, in welchem wir uns gerne selbstvergessen wälzen. Es wirkt so, als seien wir in unsere Opferrolle geradezu verliebt. Infolge dessen muss also immer irgendwer an irgendwas schuld sein, selten wir selbst. Der Pranger von damals als Titelseite von heute.
Die Medien wissen das nur allzu gut und versorgen unsere Wahrnehmung mit alldem, wonach wir selbst verlangen. Die Nachfrage bestimmt das Angebot. „Only bad news are good news“.
Vor diesem Hintergrund sollte man die so genannte Objektivität der Tagespresse sehen.
Von der Presseagentur bis zum kleinen Journalisten, überall haben wir es mit Menschen zu tun. Wir beauftragen sie täglich, uns Feindbilder zu liefern und diese nehmen unseren Auftrag gewissenhaft an. Vielmehr noch, wenn sie sich als geradezu heroische Kämpfer für die Interessen des „kleinen Mannes“ verstehen und in dieser Rolle für sich wiederum nur zu gerne Identität finden.
Fakten finden in diesem emotionalen Morast keinen guten Nährboden. Kauf- und Verkaufsentscheidungen bedürfen aber geistiger Nüchternheit. Wer sich von der Berichterstattung für den Ottonormal-Verbraucher (denn nur soviel wollen mache sein!) blenden lässt, wird immer den Kürzeren ziehen. Man verfolge einfach mal sämtliche Wirtschaftskrisen und die diesbezüglichen Empfehlungen so genannter Experten über die letzten Jahrzehnte zurück. Quasi NIE war der „Konsument“ gut damit beraten, den plakativ präsentierten Trends der Boulevardpresse zu folgen.
News werden nun mal gemacht. Sie sind Produkte, welche mit uns ihre Käufer finden. Jedes Produkt bekommt heutzutage ein Design. Wer sind die Designer im Hintergrund? Dazu werfe man einfach einmal ein Auge auf die Eigentumsverhältnisse österreichischer Tageszeitungen. Hier ist der Bankensektor auffällig häufig vertreten. In diesem Lichte wird es verständlich, dass oft bei Höchstständen noch zum Kauf und genau bei tiefsten Kursen zum (Schluss-) Verkauf geraten wird (damit meist wer anderer zu Diskontpreisen einkaufen kann!). Wer den Headlines blindlings verfällt, geht oft leer aus. Das Geschäft machen demnach die im Hintergrund.
Wir können uns selbst entscheiden, ob wir jeder künstlich erzeugten Panik blindlings auf den Leim gehen oder ob wir unsere Entscheidungen auf wertvollere Informationen stützen. Diese flimmern zwar selten abends um halb Acht über den Bildschirm, doch es genügt oft schon, einen Schritt zurück zu treten, Überblick zu gewinnen und zwischen den Zeilen zu lesen.
WARUM schreibt WER genau WAS?
Was bezweckt er damit? Diese Fragen behalte man stets im Hinterkopf!
Auch sollten wir uns die Frage stellen, ob uns der Konsum von Sensationspresse (und was deren Wirtschaftsteil betrifft, nehme ich hier kaum irgendeine österreichische Tageszeitung aus!) wirklich Mündigkeit verleiht oder ob hier doch nur weiterer Bedürfniserweckung und vor allem Verdummung Vorschub geleistet wird? Auch hier ist unsere Kaufentscheidung wie immer eine Wahlentscheidung.
Wir entscheiden selbst, welche Nachrichten wir konsumieren. Wir entscheiden, ob wir unsere Sensationslust mit medialem Junk Food befriedigen wollen oder ob wir unser Interesse Wertvollerem zuwenden. Also bestimmen wir mit, was uns in Zukunft aufgetischt wird. Wir selbst kreieren unseren medialen Speiseplan.
Panem et circenses (lat. „Brot und Zirkusspiele“) hieß es noch im alten Rom. Es ist nun an der Zeit, die Vergangenheit hinter uns zu lassen. Das Fußvolk einstiger Tage ist gut damit beraten, die Scheuklappen abzulegen, Schuldzuweisungen zurückzustellen und eigenverantwortlich die Zukunft mitzugestalten.
Politik, Gesellschaft, Wirtschaft sind nicht Diese oder Jene, sondern wir alle.
Über den Autor:
Mag. Johannes Fischler ist Vermögensberater und Psychologe.